Kaum jemand würde bestreiten, dass die richtige Musik uns Menschen manchmal glücklicher macht und manchmal trauriger und dass sie uns dabei helfen kann, Gefühle zu verarbeiten oder etwa uns besser zu konzentrieren. Und auch beim Sport hören viele Musik, um länger durchzuhalten oder Kraft aus den Klängen oder dem Gesang zu schöpfen. Doch das Musik bewiesenermaßen auch einen Motivationseffekt hat und dass dieser entscheidend davon abhängt welche Musik gehört wird, ist vielen nicht klar. Wer sich motivieren möchte – egal ob zum Arbeiten oder zum Sporttreiben – sollte daher wissen, wie Musik Körper und Geist beeinflusst und wie man eine für sich optimale Playlist für den richtigen Anlass erstellt.
Musik beeinflusst uns bewusst und unterbewusst
Inhaltsverzeichnis
Musik und unsere Emotionen
Musik hat Effekte auf unsere Psyche sowie auf den Körper. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir der Musik konzentriert zuhören oder ob sie vielleicht im Hintergrund läuft. Sie beeinflusst und also bewusst sowie unterbewusst.
Zunächst einmal ist zum Verständnis dieser Tatsache zu begreifen, wie genau Musik auf uns wirkt. Man denke dabei an das Hören eines bestimmten Musikstücks in einem entspannten Moment. Die meisten Menschen kennen Lieder oder gar ganze Alben mancher Musiker:innen, bei denen sie plötzlich grinsen müssen oder auch melancholisch werden. Die Musik berührt sie in diesem Moment, sie verändert die Stimmung, beeinflusst die Emotionen.
Die Wissenschaft ist sich längst einig, dass Musik mit unseren Emotionen spielt. Dabei kommt es zu einem Wechselspiel diverser Bestandteile eines Musikstücks, die in uns wirken:
„Musik löst […] bei allen Menschen vergleichbare Reaktionen aus. Eine wichtige Bedeutung haben dabei die Charakteristika der Musik selbst, wie Tongeschlecht (Dur oder Moll), Lautstärke, Tempo, Melodik, Rhythmik, Harmonik, Timbre (Klangfarbe), Tonhöhe, Phrasierung und Artikulation.“
Prof. Dr. Günther Bernatzky hat einen Schwerpunkt seiner akademischen Arbeit auf die Musiktherapie gelegt, auf die Wirkung von Musik und Gesang also bei verschiedenen Krankheiten. Er und viele seiner Kolleg:innen sind sich sicher, dass bereits wenige Musikstücke dabei helfen können, Stress zu reduzieren, die Stimmung zu heben oder eben auch Motivation hervorzurufen. Bewusster Einsatz von Musik kann so auch zur Selbsttherapie recht einfach eingesetzt werden.
Musik, die im Hintergrund wirkt
Gleichzeitig kann auch Musik, die etwa im Hintergrund im Supermarkt läuft, unsere Emotionen oder gar Entscheidungen, die maßgeblich von ebenjenen Emotionen geleitet werden, beeinflussen. In ganzen 70 bis 80 Prozent der Fälle fällen wir Entscheidungen unbewusst. Läuft in Einkaufsmärkten oder Ladengeschäften die „richtige“ Musik, sind wir also mitunter in der optimal motivierten Stimmung zum Geldausgeben. So arbeiten etliche Unternehmen, um die Kund:innen zu beeinflussen. Man kann hier durchaus von legaler Manipulation sprechen.
Wer sich dieser Tatsache bewusst ist, kann ihr aber natürlich auch entgegenwirken. So kann die selbstgewählte Musik, die über Kopfhörer beim Einkaufen gewählt wird, einen in einem ruhigen und reflektierten Zustand bringen, in dem keine übereifrigen Kaufentscheidungen getroffen werden. Als weiterer Anwendungsfall kann das Spielen und insbesondere das Glücksspiel genannt werden. Man weiß längst, dass bestimmte Musikstücke etwa beim Pokern das Spielverhalten der Spieler:innen beeinflussen. Hören sie bestimmte Jazzstücke oder Popmusik, spielen sie mitunter riskanter oder platzieren höhere Wetten. Wer sich wiederum besser konzentrieren möchte und den Fokus behalten will, kann etwa zu Klassik oder Ambient greifen. In jedem Fall empfiehlt es sich, gerade wenn man noch nicht so lange spielt, sich mit anderen, erfahreneren Spieler:innen auszutauschen. Die Community ist in diesem Bereich oft sehr aktiv und hilfsbereit und kann gerade zu diesem Thema sicherlich einiges sagen und mitunter sogar konkrete Musiktipps geben.
Wie das Tempo der Musik die Motivation beeinflusst
Wer sich mit Musik motivieren möchte, denkt vielleicht gerade auch an den Sport. Schließlich müssen viele regelmäßig ihren inneren Schweinehund überwinden, um sich zu aktiver Bewegung aufraffen zu können. Die richtige Musik soll dabei helfen. Doch was ist die richtige Musik hierfür und worauf ist bei einzelnen Songs zu achten.
Auch hierzu hat der bereits zitierte Prof. Dr. Günther Bernatzky etwas zu sagen:
„Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass unser Gehirn das Tempo leichter verarbeiten kann als das Tongeschlecht. Ein schnelles Musikstück in Dur […] wird als fröhlich empfunden und kann unsere Stimmung heben. Eine in langsamem Tempo gespielte Musik in Dur wirkt beruhigend und ausgleichend.“
Besonders motivierend wirken Lieder mit einer hohen Anzahl an BPM (Beats per minute). Schon in diversen Tests konnte herausgefunden werden, dass etwa Läufer:innen, die vor und während des Laufens schnelle Musik mit mindestens 110 BPM und bestenfalls rund 140 bis 160 BPM hörten, zumindest am Anfang des Trainings schneller liefen, als jene, die keine Musik hörten.
Das Ganze geht sogar so weit, dass motivierende Musik Studien zufolge auch Einfluss auf die Regeneration nach intensivem Training haben kann. Sie steigert die Leistungsfähigkeit und sorgt sogar dafür, dass die Milchsäure in den Muskeln (Laktat) schneller abgebaut wird. Die Folge: Es kommt weniger schnell zu Muskelkater und das Training kann früher wieder motiviert aufgenommen werden.
Eine Motivations-Playlist erstellen
Wer sich gezielt eine Playlist erstellen möchte, die etwa für den Sport zur Motivation dient, sollte dabei auf verschiedene Dinge achten.
- Zunächst einmal ist es ein Kinderspiel, einen Song zu finden, der einen in den ersten Minuten des Trainings in Fahrt bringt und motiviert, loszulegen. Deutlich schwieriger aber ist es, eine ganze Abfolge von Songs zu kombinieren, die einen dauerhaft motiviert halten. Die Playlist muss dafür förmlich eine Art Dramaturgie aufweisen, die Höhepunkte enthält, aber auch durchzogen ist von ruhigeren Phasen, die der Entspannung dienen.
- Als praktische Regel kann man sich etwa für das Laufen merken: Motivierend wirken Songs mit einer BPM-Zahl, die etwa 85% des Maximalpuls bei der sportlichen Belastung entspricht. Wird ein langsamerer Rhythmus gewählt, sollte man sich eher an lockere und langsamere Ausdauerläufe oder gar schnelles Gehen halten.
- Laufschritte und BPM-Zahl sind im besten Fall taktgleich. Eine Kombination aus Songs mit der gleichen BPM-Zahl für schnelles Laufen in gleichmäßigem Tempo ist also sinnvoll. Übrigens wird der Laufschritt hierbei von Takten wie einem 2/4- oder 4/4-Takt noch einmal stark begünstigt.
- Während zum Aufwärmen oder zum Einstieg in welches Projekt auch immer, bei dem Motivation gefragt ist, noch Songs mit 130 BPM ausreichen können, sollten es beim Höhepunkt der Anstrengung bestenfalls Songs mit 160 BPM sein. Alles jenseits davon nehmen wir auf Dauer oft als anstrengend war. Besonders empfehlenswerte Genres sind Rock oder Hip-Hop, da diese oft treibende Beats mit ähnlicher BPM-Zahl haben.
- In Anstrengungsphasen, die sich über längere Zeit ziehen – im Sport etwa ein Anstieg am Berg – können Songs Wunder wirken, die langsam immer mehr Spannung aufbauen. Repetitive Klänge wiederum oder gar Ambient-Musik wäre in diesem Falle die vollkommen falsche Wahl.
Songs, deren Aussagen motivieren
Es gibt abseits der Songs, die vor allem durch ihren treibenden Beat und ihre Steigerung dessen innerhalb des Liedes motivieren, natürlich auch noch jene, bei denen sich die Motivation aus dem Inhalt, also dem Songtext speist. Abschließend haben wir fünf dieser Songs zusammengetragen, die man sich zur bewussten Motivation durchaus einmal genauer anhören sollte. Selbstverständlich ist diese Liste theoretisch unendlich lang und sie wächst täglich.
- Survivor: Eye of the tiger
Als einer der wohl motivierendsten Songs gilt „Eye of the tiger“. Zeilen (übersetzt), wie „Nur ein Mann und sein Wille zu überleben“ oder auch „Ich bin wieder auf den Beinen“ sind nicht nur motivierend, sondern helfen auch beim Weitermachen, Durchhalten und Wiederaufstehen. Der Song wurde als Hymne für den Kultboxfilm „Rocky III“ geschrieben und entfaltet in diesem schon beim Zuschauen eine unglaubliche Kraft.
- Kanye West: Power
Kanye West, der bipolare Rapper aus den USA, der auch als Designer und Produzent tätig ist, motiviert sich und sein Fans mit etlichen seiner Songs. „Power“ sticht noch einmal deutlich hervor. Der Text dreht sich letztlich um die Probleme, mit denen Menschen heute zu kämpfen haben und wie sie die Kraft entwickeln, diese zu bewältigen und selbstermächtigt ein erfülltes Leben zu führen.
- Daft Punk: Harder, Better, Faster, Stronger
2001 besang Daft Punk, wie es – ganz egal, um welche Herausforderung es im Leben geht – beim nächsten Mal, nachdem es vielleicht nicht ganz so gut lief, laufen sollte: Härter, besser, schneller und stärker. So simpel, wie der Titel auch ist, so eindeutig ist die Message. Und gerade dadurch wirkt sie, gepaart mit der eingängigen Melodie, auch so stark motivierend. Kein Wunder, dass erwähnter Herr West den Song für seinen Track „Stronger“ sechs Jahre später samplen und damit sogar noch erfolgreicher werden sollte, als Daft Punk selbst.
- Elton John: I’m still standing
In „I’m still standing“ singt Elton John mit etlichen Jahren Lebenserfahrung darüber, dass er schon einiges ertragen musste. Gerade rund um die Liebe hatte er – wie die meisten Menschen auch – immer wieder Hoch- und Tiefpunkte. Und dennoch kann ihn nichts umwerfen – er steht immer noch aufrecht!
- Gloria Gaynor: I will survive
Auch „I will survive“ handelt vom Überwinden unglücklicher Liebe. Dennoch reißt einen der Song so stark mit sich, dass in den Hintergrund gerät, welcher Situation das „Ich werde überleben“ eigentlich gilt. Denn wichtig ist, das man, egal, was da auch kommen mag, schon überleben und weitermachen wird. Als Motivationssong ist Gloria Gaynors Hit aus den späten 70er Jahren daher auf keinen Fall zu vergessen!