Die offiziellen deutschen Charts werden jede Woche veröffentlicht und sind der wichtigste Maßstab innerhalb der Musikbranche. Wer es erst einmal dorthin geschafft hat, dem ist Erfolg gewiss. Doch wie genau werden diese erhoben, welche Kriterien muss das Musikstück erfüllen, um aufgenommen zu werden und wie oft werden sie aktualisiert? Welche Kategorien gibt es hierbei? Und lassen sich die Top 100 manipulieren?
Inhaltsverzeichnis
Was sind die Charts eigentlich?
Die Charts, auch Top 100 genannt, sind eine nummerierte Rangliste, die über einen bestimmten Zeitraum, die Popularität von Musikstücken darstellt. Ein Musiktitel auf Platz Nummer 1 ist demnach derzeit am beliebtesten. Wohingegen Musikstücke, die auf niedrigeren Plätzen platziert sind, weniger beliebt sind. Dabei bezieht sich die Popularität auf ein bestimmtes geographisches Gebiet. Die deutsche Hitparade stellt also nur die Beliebtheit von Musiktiteln in Deutschland dar. Außerdem können aus ihr Informationen, wie der Künstler, die Plattenfirma, vorangegangene Chartplatzierungen, Anzahl der Chartwochen sowie das Eintrittsdatum des Musiktitels in die Rangliste, abgelesen werden.
Wie werden die Charts bzw. Top 100 erhoben?
Im Auftrag des Bundesverbandes Musikindustrie e.V. ermittelt das deutsche Marktforschungsunternehmen GfK Entertainment die offiziellen deutschen Charts. GfK Entertainment ermittelt diese auf Grundlage der Verkaufszahlen. Dabei werden Verkäufe im stationären Handel, im Online-Handel und legale Downloads berücksichtigt. Auch Abrufe auf Streamingplattformen werden erfasst. Um die 2800 Händler kooperieren mit GfK Entertainment, darunter sind sowohl große Elektrofachmärkte als auch der kleine Plattenladen von nebenan. Ebenso wie iTunes, Spotify, Amazon etc. Dies bedeutet, dass ungefähr 90% aller Musikverkäufe einbezogen werden.
Das Kassensystem ist hierbei mit einem Programm namens PHONONET ausgestattet, das sämtliche Verkäufe an GfK Entertainment weiterleitet. PHONONET leitet diese in anonymisierter Form an das Marktforschungsunternehmen weiter. Auf diese Weise wird der Datenschutz garantiert. Folgende Informationen werden dabei überliefert: die Artikelnummern, die Anzahl verkaufter Tonträger pro Kassenbon, die Verkaufspreise, das Verkaufsdatum sowie die Uhrzeit des Kaufs.
Bei Downloads und Streaming-Anbietern werden die Daten verschlüsselt direkt von der Plattform an das Marktforschungsunternehmen weitergeleitet. Bei den Streaming-Verkäufern ist es jedoch so, dass nur die Streams von Personen gewertet werden, die einen Premium-Account haben (die also für einen Streaming-Anbieter zahlen). Dies sind aktuell lediglich um die 12% der Nutzer. Außerdem werden nur Streams gezählt, die mindestens 31 Sekunden abgespielt werden. Wer also kostenlos Musik streamt (werbefinanzierte Streams), wird nicht gewertet.
Wie kommt man in die Charts bzw. Top 100?
Seit dem Jahr 2007 werden in Deutschland sogenannte Werte-Charts ermittelt. Dies bedeutet, dass nicht mehr relevant ist, wie viele Tonträger verkauft wurden, sondern nur noch wie viel Umsatz mittels der Tonträger erzielt wurde. Diese Vorgehensweise ist weltweit einmalig und hat zu Veränderungen auf dem deutschen Markt geführt. Folgendes Beispiel soll die Methode verdeutlichen:
Zwei Alben werden gleichzeitig an einem Freitag veröffentlicht. Das Album A kostet 17 Euro pro Stück und konnte sich bislang 10.000-Mal verkaufen. Das Album B kostet nur 12 Euro pro Stück, konnte sich aber bereits 14.000-Mal verkaufen.
Wird nun der Umsatz berechnet, ergibt sich folgendes Bild:
Album A: 10.000 x 17 Euro = 170.000 Euro
Album B: 14.000 x 12 Euro = 168.000 Euro
Das Album A hat also mehr Umsatz generiert, obwohl es weniger häufig gekauft wurde als Album B. Dennoch würde Album A in den Top 100 höher platziert werden als Album B. Wer also in die Hitparade gelangen möchte, der muss seine Musikstücke nicht nur häufig verkaufen, sondern ebenso zu einem möglichst hohen Preis, um mehr Umsatz zu erzielen.
Nun muss sich ein höherer Preis aber auch rechtfertigen lassen und dies ist der Grund, weshalb der deutsche Musikmarkt sich weltweit einzigartig entwickelt hat. So bringen Künstler seit 2007 immer häufiger Deluxe-Versionen ihres Standardalbums heraus, die sich zu einem höheren Preis verkaufen lassen. Doch auch die Deluxe-Versionen sind Regulierungen unterworfen. Der Wert der Poster, T-Shirts, Sticker etc., dürfen nicht den Wert der Musik, die auf dem Album enthalten ist, übersteigen. Deshalb enthalten Deluxe-Versionen oft mehrere CDs mit instrumentalen Songs, Akkusikversionen, Demoversionen und so weiter. Denn je mehr Musik in der Deluxe-Version enthalten ist, desto höherwertigere Beilagen dürfen hinzugefügt werden und desto höher kann der Verkaufspreis angesetzt werden. Ein möglichst hoher Verkaufspreis führt wiederum zu einem höheren Umsatz und ein hoher Umsatz ist entscheidend für die Platzierung.
Welche unterschiedlichen Kategorien gibt es?
Insgesamt gibt es viele verschiedene Kategorien. So finden sich auch extra Charts für bestimmte Genres, z.B. nur für HipHop oder Klassik. Doch im Grunde werden die Top 100 in den folgenden drei Kategorien erhoben: Album, Single und Sampler. Am bedeutendsten sind hierbei die offiziellen Album- und Singlecharts.
Singlecharts
Für die Singlecharts werden nur Tonträger berücksichtigt, die nicht mehr als fünf Songs haben und eine insgesamte Spielzeit von 23 Minuten nicht überschreiten. Remixe von Songs werden dabei jedoch nicht einberechnet. Das bedeutet, dass eine Single mehr als fünf Songs und eine längere Spieldauer als 23 Minuten haben kann, wenn die zusätzliche Anzahl bzw. Spieldauer durch Remixe zustande kommt. Ebenfalls für die Top 100 qualifiziert sind Downloads, Download-Single-Bundles und Premium-Streamings.
Albumcharts
Ein Album kann sich entweder für die Top 100-Longplaycharts oder für die Samplercharts qualifizieren. Wenn ein Tonträger von einem Künstler bzw. einer Band stammt und mehr als fünf Songs hat und/ oder eine insgesamte Spieldauer von 23 Minuten überschreitet, dann wird der Tonträger als Album eingestuft und erscheint in diesem Ranking. Genauso wenn es sich bei dem Tonträger um ein Projekt von mehreren Künstlern handelt.
Samplercharts
Statt eine Top 100 wird bei den Samplers nur eine Top 30 aufgelistet. Also die 30 Samplers, die in einer Woche am meisten Umsatz erzielt haben, werden in den Sampler Charts gelistet. Ein Tonträger wird als Sampler qualifiziert, wenn ein Album Songs von mindestens drei Künstlern bzw. Bands beinhaltet und es sich nicht um ein gemeinsames Projekt handelt.
Lassen sich die Charts bzw. Top 100 manipulieren?
Vor ein paar Wochen regte ein Video vom Y-Kollektiv auf YouTube für großes Aufsehen. Ein Hacker behauptete darin, dass er Newcomer ganz einfach in die Charts bringen könne, man brauche dazu nur Geld. Der Hacker, der anonym bleiben will, erklärt, dass er Zugriff auf Tausende von Nutzerprofilen hätte, insbesondere bei Spotify. Wenn die eigentlichen Nutzer gerade nicht selbst aktiv sind, verschaffen sich die Hacker Zugang zu diesen Accounts und streamen die Songs millionenfach. Dies hat zur Folge, dass die Songs aufgrund der hohen Abrufzahlen auch in anderen Playlists auftauchen und dadurch noch mehr gehört werden.
Nun ist es nichts Neues, dass Klicks im Internet gekauft werden, weshalb GfK Entertainment über Kontrollmechanismen verfügt, die solch eine Manipulation verhindern sollen. Und in diesem Fall haben die Mechanismen wohl gewirkt, denn der Song, den der Hacker in dem Video auf YouTube in die Top 100 bringen wollte, hat es nicht dorthin geschafft – obwohl er millionenfach gestreamt wurde.
Es können also Manipulationen stattfinden, jedoch hat das Marktforschungsunternehmen Kontrollmechanismen, die es wohl doch nicht ganz so einfach machen.
Wie oft aktualisieren sich die Top 100?
Die Charts werden wöchentlich ermittelt, der Erhebungszeitraum ist hierbei immer von Freitag bis Donnerstag. Aus diesem Grund erscheinen neue Tonträger auch in der Regel freitags. Die Top100 sind also stets aktuell und spiegeln die erzielten Umsätze aus den letzten Tagen wieder. Erstellt wird die Rangliste dann direkt am Freitag, jedoch erst am darauffolgenden Mittwoch komplett veröffentlicht.