„Rabiat: Deutschland schiebt ab“ am Montag, 4.9., in der ARD Mediathek und im Ersten

Bremen (ots) –

Abschiebung – darüber diskutiert Deutschland immer wieder und immer heftiger. Vor allem, wenn es um Straftäter geht. 300.000 Menschen in Deutschland sind ausreisepflichtig, 50.000 ohne Duldung. Aber nur ein Drittel der Abschiebungen gelingen. 13.000 waren es im vergangenen Jahr. Kaum ein Thema ist gesellschaftspolitisch so aufgeladen. Oft sind die Meinungen polarisiert: „Kriminelle Ausländer sofort abschieben“ oder „Abschiebung ist Rassismus“. Aber wie funktioniert das System tatsächlich? Funktioniert es überhaupt? Und zu welchem Preis? Wen trifft es und wo landen diese Menschen?

Zu sehen ist „Rabiat: Deutschland schiebt ab “ von Radio Bremen am Montag, 4. September 2023, ab 5:30 Uhr in der ARD Mediathek (https://www.ardmediathek.de/y-kollektiv) und um 23:35 Uhr im Ersten. Der File steht für akkreditierte Pressevertreterinnen und -vertreter im Vorführraum des ARD-Presseservice Das Erste (https://presse.daserste.de/) zur Ansicht bereit.

„Rabiat“-Reporter Christoph Kürbel beschäftigt sich seit Langem mit Flucht und Flüchtenden. Jetzt blickt er in die Gegenrichtung. Kein Mensch verlässt seine Heimat freiwillig. Und Geflüchtete kehren in der Regel auch nicht freiwillig zurück. Kürbel will das System Abschiebung verstehen und blickt ins Innere. Seine Recherche führt ihn an alle Stationen des komplexen Verfahrens, vom Erstantrag im Berliner Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bis zur Endstation Irak, wo die Flucht oder der Traum von einem neuen Leben endet. Dabei lernt er Vollstreckende und Betroffene kennen.

Im BAMF erlebt Christoph Kürbel die Erstanhörung eines Geflüchteten unmittelbar mit. Bei Daniel Rauscher, einem deutschen Beamten wie er im Buche steht. Er weiß, dass er Menschen vor sich hat, die als Bittsteller kommen und über deren Zukunft in Deutschland er allein entscheidet. Er will alles richtigmachen.

Christoph Kürbel trifft den Rapper Sugar MMFK. Er ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Dennoch wäre er beinahe abgeschoben worden, wenn seine starke Fangemeinde das nicht in letzter Sekunde verhindert hätte. Von ihm lernt der „Rabiat“-Reporter, was es auch bedeuten kann, deutsch zu sein. „Laut Papier bin ich nicht deutsch, aber laut meinem Empfinden zu einhundert Prozent“, sagt Sugar MMFK. Deutsch-Sein als Gefühl und gelebte Realität, die aber in den Akten auch nach über 30 Jahren nicht Fakt sind. Der Rapper galt als krimineller Ausländer und geriet so in das System Abschiebung.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer konzentriert sich auf die Abschiebung von Straftätern, denn hier herrscht politischer Konsens. Mäurer schildert offen die begrenzten Erfolge sowie den enormen Aufwand. Für ihn ist das ausländerrechtliche Vorgehen gegen Straftäter aber alternativlos, auch wenn eine Abschiebung bis zu 20.000 Euro kostet. „Wenn man die Bevölkerung überfordert, und das ist der Fall, wenn man nicht gegen Straftäter vorgeht, dann kippt das Ganze,“ so der langjährige Innenpolitiker. Das fördere auch rechtspopulistische Tendenzen.

Die Betroffenen wehren sich. Sultana Sediqi schildert ihre Flucht aus Afghanistan. Jetzt kämpft sie gegen das System der Abschiebung. Sie protestiert am Rande einer Tagung der Innenministerkonferenz gemeinsam mit anderen von Abschiebung Betroffenen vor dem Innenministerium, wo die Innenminister der Länder schärfere Regelungen und mehr Abschiebungen fordern.

Für die konkrete Umsetzung zuständig ist Anna (Name geändert). Sie ist Leiterin einer zentralen Ausländerbehörde. Aus Angst um ihren Job will sie anonym bleiben, denn sie liefert Einblicke ins Innere des Abschiebeapparats und welche Missstände sie im Verfahren und bei Kollegen beobachtet.

Im Abschiebegefängnis am Flughafen München kann „Rabiat“-Reporter Kürbel die letzte Station vor der Rückreise filmen und Leiter Axel Ströhlein interviewen. Seine nüchterne Sicht auf den Prozess unterstreicht die kühle Korrektheit an einem Ort, an dem für viele Geflüchtete der Traum vom besseren Leben endet. Christoph Kürbel steht in einer Zelle, in der kurze Zeit später Mohammed untergebracht sein könnte. Christoph Kürbel erreicht Mohammed telefonisch. Am nächsten Tag soll sein Abschiebeflug gehen und er sucht verzweifelt nach einem Ausweg. Sprache gelernt, Job in Aussicht, keine Straftaten – dennoch soll er plötzlich weg, weil seine Duldung abgelaufen ist.

Christoph Kürbel fliegt selbst in den Irak und trifft Menschen, die zurückgeführt wurden. Abdullah lebt auf einer Baustelle in Sulaymaniyah, im kurdischen Teil des Irak. Er hat sich hoch verschuldet, um in Europa sein Glück zu finden. Sein Weg über die Belarus-Route führt ihn nach Sachsen und von dort direkt in die Abschiebehaft. Nach 22 Tagen endet Abdullahs Aufenthalt in Deutschland.

Darwish ist dagegen freiwillig in den Irak zurückgekehrt, mit einem Rückführungsprogramm des BAMF. Der Jeside ist wegen seiner kranken Mutter zurückgekehrt, seine Frau, Kinder und Enkel befinden sich im deutschen Asylverfahren. Die „Rabiat“-Reportage zeigt, was aus der Hoffnung auf einen Neuanfang in der Heimat geworden ist. Die Rückführung ist geglückt, auch wenn Darwish weiter in Armut lebt. Er bleibt.

Im Laufe seiner Recherche lernt Christoph Kürbel viel über die Handlungszwänge und Nöte der Beteiligten. Er findet heraus, warum viele Abschiebungen scheitern, wie diese Probleme gelöst werden und was das Ganze mit den Menschen macht, mit den Vollstreckern und mit den Betroffenen. Die laufende Debatte ist plakativ, aber die Wahrheit hinter dem System Abschiebung ist weit komplizierter.

„Rabiat: Deutschland schiebt ab“ ist eine Produktion der Sendefähig GmbH im Auftrag von Radio Bremen (Redaktion Dirk Hansen) für Das Erste 2023.

„Y-Kollektiv“

2016 startete das „Y-Kollektiv“ als Format von funk, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF: Journalismus auf YouTube, junge Journalistinnen und Journalisten der Generation Y erzählen die Welt, wie sie sie sehen. Im Laufe der Jahre hat sich das „Y-Kollektiv“ mit über eine Million Abonnentinnen und Abonnenten bei YouTube und über 100.000 Followern bei Instagram eine beachtliche Community aufgebaut. Die liebt die klare, offene Herangehensweise des Kollektivs, die Nähe und Bereitschaft zur Diskussion. Mit „Rabiat“ kam 2018 der erste Schritt ins TV. Ab 13. Juli 2023 konzentrieren die Macherinnen und Macher des „Y-Kollektiv“ nun alle Reportagen in der ARD Mediathek (https://www.ardmediathek.de/y-kollektiv): Immer montags erscheinen dann neue „Y-Kollektiv“-Reportagen in der ARD Mediathek im Wechsel mit „Rabiat by Y-Kollektiv“-Produktionen in der ARD Mediathek bzw. im Ersten.

Fotos sind unter ARD Foto (https://www.ardfoto.de/index.phtml) abrufbar.

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